Der Biber
Neben Luchs und Wolf hinterlässt eine weitere Tierart deutliche Spuren seiner Anwesenheit im Werra Meißner-Kreis.
Zugewandert über die Fulda besiedelt er entlang der Werra und seinen Zuflüssen neue Lebensräume.
Der Europäische Biber (Castor fiber) ist nicht nur das größte Nagetier Europas, er ist auch der beste „natürliche“ Ökosystem-Manager: Wie keine zweite Tierart gestaltet der Biber seinen Lebensraum selbst. Wo immer er lebt und anpackt, nimmt die Artenvielfalt sprunghaft zu. So zählen Biberreviere zu den artenreichsten Biotopen. Mit seiner Familie lebt er in selbstgegrabenen Röhren im Uferbereich oder in Eindrucksvoll gestalteten stattlichen Biberburgen. Kleinere Bäche staut er mit kunstvoll erbauten Dämmen so auf, dass die Eingänge seiner Wohnbauten stets unter Wasser liegen.
Biber sind Vegetarier. Sie fällen vor allem im Winter Bäume, wenn es sonst nichts für sie zu fressen gibt. Da sie nicht klettern können, ist dies ihre einzige Möglichkeit, an Blätter oder die zarte Rinde der Äste zu gelangen.
Fakt ist: Wenn ein Bach- oder Flussufer naturnah und dicht mit typischen Auwaldbäumen wie Weide oder Erle bewachsen ist, stören die Fällaktionen des Bibers kaum. Sie gehören zum normalen Kreislauf in diesem Lebensraum. Bäume wie Weide oder Erle schlagen im Folgejahr aus den Baumstümpfen wieder aus.
Handelt es sich bei dem Revier allerdings um eher naturferne und vom Menschen gestaltete Bereiche, schmerzen Verluste unter den wenigen verbliebenen Bäumen. Hier muss der Mensch steuernd eingreifen.
In solchen Gebieten ist es sinnvoll, Uferbäume frühzeitig mit einer Drahtgeflechthose (Maschendrahtzaun oder Estrichmatte) im unteren Stammbereich bis zu einer Höhe von 1,20 Meter zu schützen. Gleiches gilt für wertvolle Obst- oder Nutzbäume, die in der Nähe von Bibergewässern stehen – eine preiswerte Lösung, die gut funktioniert. Langfristig ist es aber sinnvoll, mehr naturnahe (Auwald-)Vegetation in Uferbereichen zuzulassen.
Trotz aller Leistungen, die der Biber für uns und die Natur erbringt, hat er oft ein schlechtes Image. Denn natürlich kommt er mit seinen Baukünsten in unserer dicht bebauten und intensiv genutzten Landschaft gelegentlich dem Menschen in die Quere. Etwa, wenn er durch einen seiner Dämme eine Wiese unter Wasser setzt oder ein Traktor im unterhöhlten Uferbereich einbricht.
Zusammenarbeit der zuständigen Behörden
Der BUND favorisiert Biberberater, die bei allen Fragen rund um den Biber mit Rat und Tat zur Seite stehen. So lassen sich für alle Konfliktfälle gute, meist überraschend einfache Lösungen finden. Mehr noch: Viele Probleme tauchen gar nicht erst auf, wenn die Biber-Experten frühzeitig zurate gezogen werden.
Wichtig aus BUNDsicht ist dabei die enge Zusammenarbeit zwischen Oberer Naturschutzbehörde (ONB), Unterer Naturschutzbehörde (UNB), Unterer Wasserbehörde (UWB) und ehrenamtlichen Biberbetreuern vor Ort zu stärken.
Erwartet wird nun ein vom hessischen Umweltministerium formulierter Erlass mit dem Ziel einer Verlagerung der Zuständigkeiten unter Einbeziehung von Personal von Hessenforst als „Biberbeauftragte“.
Aus Sicht des BUND fehlen bei der Übertragung von den bisher zuständigen Verwaltungsstellen auf Mitarbeiter des Landesbetriebes Hessen Forst die rechtlichen und verwaltungsverfahrensmäßigen Einbettungen in (agrar-) förderrechtliche, wasserrechtliche und naturschutzrechtliche Strukturen.
Die bisher zuständigen Behörden der Kreisverwaltung stehen für eine gute Zusammenarbeit mit den Kommunen, kommunalen Bauhöfen, Hessen Mobil und aufgrund der in der gleichen Verwaltungseinheit unter einem Dach angesiedelten Wasserbehörden und landwirtschaftlichen Förderstellen. Die mit dem Auftreten und den Wirkungen der Biberansiedlung verbundenen Folgen können somit rechtlich und fachlich angemessen begleitet werden. Die Einsetzung einer weiteren Instanz darf nicht der Schaffung von Doppelstrukturen Vorschub leisten und Effizienzgesichtspunkten zuwiderlaufen.
Sollten im Bereich von Infrastruktureinrichtungen z. B. wie Straßen, Brücken oder Kläranlagen mit dammbauenden Bibern Konflikte auftreten, könnten diese gelöst werden, ohne auf das aus der Sicht des Naturschutzes abzulehnende Mittel der Naturentnahme zurückgreifen zu müssen. Sofern sich die rechtliche Notwendigkeit des Mittels einer „Ausnahmegenehmigung“ ergeben sollte, konnte bislang und könnte auch in Zukunft, unter Ausnutzung kurzer Informationswege, eine Entscheidung bei der UNB, ggf. in Abstimmung mit anderen Behörden getroffen werden.
Nach unserer Auffassung sind die bisher bei den Kreisverwaltungen erworbenen Kenntnisse und das Konfliktmanagement– im Rahmen der derzeit bestehenden rechtlichen Regelungen und Verwaltungsstrukturen – nicht verzichtbar, um ein erfolgreiches Bibermanagement im Werra-Meißner-Kreis unter Berücksichtigung des notwendigen Interessenausgleichs ( Eigentümer, diverse Landnutzer, Anlieger, unterhaltungspflichtigen Kommunen, Abwasser-Verbände, Hessen Mobil, Naturschutzverbände, Artenschutz usw.) zu etablieren.