Organisiert wurde der Vortrag vom BUND Kreisverband Werra-Meißner. Eingebracht wurde dieses Thema von einem BUND-Mitglied während eines Planungsfrühstücks für alle Interessierten und Mitglieder des BUND Werra-Meißner. Beatrix Amon als Vorstandsmitglied des Verbandes führte durch den Abend.
Wie gefährlich sind Pestizide wirklich – und was haben sie mit der Entstehung der Parkinson-Krankheit zu tun?
Auf diese Frage ging die international renommierte Umwelt-Medizinerin und Epidemiologin Prof. Dr. Beate Ritz bei dem öffentlichen Vortrag in Eschwege ein. Prof. Ritz stammt aus Datterode und lehrt heute an der University of California in Los Angeles (UCLA). Sie hat zahlreiche Studien über die Auswirkungen von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit veröffentlicht. Ihr besonderer Fokus liegt dabei auf neurodegenerativen Erkrankungen wie M. Parkinson und neurologischen Entwicklungsstörungen, wie Autismus und kindlicher Hirnlähmung.
Kurzer Einblick in die Erkrankung Parkinson
Parkinson ist eine neurologische Erkrankung, bedingt durch einen Mangel des Botenstoffes Dopamin. Dauerhaft sind motorische und kognitive Fähigkeiten des erkrankten Menschen eingeschränkt. Oft sind schon Jahre vor dem Ausbruch der Krankheit Symptome zu bemerken, wie Verlust des Geruchssinns, Schlafstörungen, Störungen des Magen-Darm-Traktes, später ist das autonome Nervensystem betroffen, die sogenannte Schüttellähmung und Muskelsteifheit gehört zum Erscheinungsbild. Depressionen und Demenz werden ebenfalls mit Parkinson in Zusammenhang gebracht.
Nicht nur Landwirte sind betroffen
Nicht nur Beschäftigte in der Landwirtschaft tragen ein erhöhtes Risiko. Auch Menschen, die in der Nähe konventionell bewirtschafteter Flächen leben, sind den Wirkstoffen regelmäßig ausgesetzt – etwa durch Pestizid-abdrift in Wohngebieten. Aber auch in Haushalten und privaten Gärten werden – teils unbewusst und mit eigentlich guten Absichten – Pestizide eingesetzt. Vorsicht ist auch bei vermeintlich organischen Pestiziden geboten.
Die Schädlinge, die es zu behandeln gilt, sind Unkräuter, Pilze, Raupen, Insekten Würmer. So vielfältig wie die Schädlinge sind, so vielfältig sind auch die Substanzen, die sie verhindern sollen. Viele dieser Mittel sind bekannte Substanzen wie Paraquat, Chlorpyrifos oder bestimmte Carbamate. Sie stehen im Verdacht, das Nervensystem dauerhaft zu schädigen. Gerade in den Jahren 1950-2000 gab es eine global starke Produktion von Pestiziden, im Jahr 2022 wurden 1000 Pflanzenschutzmittel mit 281 verschiedenen Wirkstoffen registriert.
Ein Thema, das uns alle angeht
Vor rund 140 Zuhörer*innen in der Volkshochschule Eschwege schilderte Prof. Ritz die Ergebnisse ihrer Studien aus Kalifornien – einem Land mit intensiver Landwirtschaft und hohem Pestizidverbrauch. Besonders das Herbizid Paraquat und das Insektizid Rotenon stehen im Verdacht, das Risiko für Parkinson massiv zu erhöhen. Im 1995 erschienenen Werk „The Case of the Frozen Addicts“ von J. William Langston wird über eine Gruppe Abhängiger berichtet, die eine an Heroin orientierte, synthetisch hergestellte Droge konsumiert hatten (Designerdroge) und plötzlich Parkinson-ähnliche Symptome entwickelten. Diese Droge hatte einen ähnlichen chemischen Bau wie das Pestizid Paraquat. Auch im Tierversuch löst Paraquat Parkinson aus. Prof. Ritz und ihr Team zeigten bereits im Jahre 2006, dass für die Farmer im kalifornischen Central Valley ein 70% höheres Risiko besteht an Parkinson zu erkranken, wenn Paraquat gesprüht wurde (Umkreis von 500 m). Dank eines in Kalifornien etablierten Pestizid-Registers (1974 eingeführt) einerseits und Datensammlungen über Parkinson-Erkrankungen andererseits ist es den Wissenschaftlern möglich, etwaige Zusammenhänge präzise zu erforschen.
Prof. Ritz fordert strengere Zulassungsverfahren für Pestizide, ähnlich wie bei Medikamenten – inklusive verpflichtender Langzeitstudien zu Nebenwirkungen. Die Pharmaindustrie bezahlt Nebenwirkungsstudien, dies müsse auch für Pestizidstudien geregelt sein.
Der BUND Kreisverband Werra-Meißner setzt sich für eine Landwirtschaft ohne chemisch-synthetische Pestizide ein – für den Schutz von Umwelt und Gesundheit.